Macron gewinnt deutlich

Macron gewinnt deutlich

SWR 3, 25.4.2022, 7:40 Uhr, von Christian Kreutzer, Ferdinand Vögele, Christian Spöcker, Franziska Thees

Emmanuel Macron geht in die zweite Runde als französischer Präsident – deutlich vor Rechtspopulistin Marine Le Pen. Die war so stark, wie noch nie.

Riesiger Jubel auf dem Marsfeld vor dem Eiffelturm: Frankreich, ja ganz Europa hatten den „Trump-Moment“ gefürchtet – den Augenblick, in dem das Unerwartete doch eintrifft, ein extremer Kandidat, beziehungsweise eine Kandidatin gewinnt und man sich nur noch sprachlos die Augen reiben kann. Doch es gab keinen “Trump“- beziehungsweise „Le-Pen-Moment“: Emmanuel Macron hat erneut deutlich gesiegt.

Denn: So nah dran, die französische Präsidentschaftswahl zu gewinnen, war die rechtspopulistische Europakritikerin Marine Le Pen wohl noch nie, wie vor dieser Stichwahl. Umfragen hatten einen knappen Sieg von Emmanuel Macron vorhergesagt. Etwas deutlicher ist es nun doch geworden: Wie das Innenministerium in Paris nach Auszählung aller Stimmen nach Mitternacht mitteilte, ist Macron 58,55 Prozent der Stimmen wiedergewählt worden. Seine Herausforderin Le Pen kam demnach auf 41,45 Prozent der Stimmen.

Wahl in Frankreich: Anspannung in Europa war groß

In Europa herrschte eine gewisse Anspannung. Denn der Ausgang der Präsidentschaftswahl in Frankreich ist auch entscheidend für die europäische Gemeinschaft. Ein Sieg Le Pens hätte eine Neuausrichtung der französischen Politik gegenüber der EU, der Nato und dem wichtigen Verbündeten Deutschland bedeutet. Mit Blick auf den Krieg in der Ukraine hatte Macron vor genau diesem Szenario immer wieder gewarnt – wie es scheint, erfolgreich. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schrieb auf Twitter, Macrons Wiederwahl sei ein „starkes Bekenntnis zu Europa“.

Auch in Brüssel scheint man aufzuatmen: EU-Ratspräsident Charles Michel gratulierte Macron und schrieb, Europa brauche in diesen stürmischen Zeiten ein Frankreich, dass sich voll und ganz für eine souveränere EU einsetze. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen teilte mit, sie freue sich auf eine weitere ausgezeichnete Zusammenarbeit.

Nach der Frankreich-Wahl: Macron zeigt sich demütig

Als Macron dann gegen 21.30 Uhr über den Champ de Mars beim Eiffelturm in Paris geht, um seine Siegesrede zu halten, ist die Europahymne „Ode an die Freude“ zu hören. Sein erstes Wort: „Merci“. Und dann gibt er sich demütig:

„Ich weiß, dass viele unserer Mitbürger heute mich gewählt haben, um die Ideen der Rechtsextremen zu verhindern und nicht um die meinen zu unterstützen. Ich weiß, dass ihre Stimme mich für die kommenden Jahre verpflichtet.“

Weiter sagte bei seiner Siegesrede, auf die Wut der Le Pen-Wähler müsse es Antworten geben.

Frankreich: Macron gewinnt, doch Le Pen holt mehr als 40 Prozent

Für Macron gibt es an diesem Abend nicht nur Grund zur Freude. Dafür sorgen vor allem zwei Punkte:

Erstens: Le Pen hat über 40 Prozent der Stimmen geholt. Das ist ein großer Erfolg in ihrem dritten Anlauf auf die Präsidentschaft. 2017 kam sie im zweiten Wahlgang noch auf 34 Prozent. Vor allem unter Arbeitern, in vernachlässigten ländlichen Gebieten und ehemaligen Industriezentren konnte Le Pen in den vergangenen Jahren stetig neue Wähler für ihre Partei begeistern. Sie sehe ihr bisher bestes Ergebnis als einen „leuchtenden Sieg für sich“, erklärte Le Pen am Sonntagabend. „Die Ideen, die wir repräsentieren, erreichen Gipfel.“ Das Spiel sei noch nicht vorbei, sagte sie zu ihren Anhängern. Denn jetzt beginne der Kampf um die Parlamentswahlen.

Der rechtsextreme Politiker Éric Zemmour macht sich bereits für ein Rechtsbündnis bei den Parlamentswahlen im Juni stark. Die nationalistischen Bewegungen müssten ihre Kräfte Bündeln, sagte er.

Wahlbeteiligung in Frankreich ist historisch niedrig

Der zweite Punkt betrifft die Wahlbeteiligung:

Denn die scheint dieses Mal historisch niedrig auszufallen. Dem französischen Innenministerium zufolge lag die Wahlbeteiligung um 17:00 Uhr bei 63,2 Prozent und damit etwa zwei Prozentpunkte niedriger als zur Abstimmung 2017. Vor allem die Wähler des Linken Jean-Luc Mélenchon – er war im ersten Wahlgang Dritter geworden – konnten sich weder mit den Positionen des amtierenden Präsidenten noch mit Le Pens nationalistischer Agenda identifizieren.

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