„Ich habe diese Wissenschaftler satt“

„Ich habe diese Wissenschaftler satt“

MACRON SAUER AUF SEINE CORONA-BERATER

Emmanuel Macron ist offenbar sauer auf Frankreichs Top-Corona-Wissenschaftler, weil ihm diese nichts empfehlen würden außer Einschließen, um so die Infektionen zu senken.

Während Bundeskanzlerin Angela Merkel (65, CDU) nur auf eben solche Virologen zu hören scheint, hat Frankreichs Präsident davon die Nase voll …

„Er war sauer wie ein Kind. Er sagte uns: Ihr nervt mich, ich sperre nicht ein“, zitieren französische Medien einen früheren Freund, der ihn kritisiert habe.

Der Präsident habe sich entschieden, „sich von den Epidemiologen zu emanzipieren“, die Ende Januar wegen der Virus-Mutationen auf einen neuerlichen Lockdown in Frankreich gepocht hatten, den dann dritten.

Auch Premierminister Jean Castex (55) war dafür, dass die Franzosen als Vorsichtsmaßnahme erneut alle Schotten dicht machen – was Macron „in einer narzisstischen Laune“ abgelehnt habe, wie das Magazin „Le Point“ aktuell in einem langen Porträt des Präsidenten schreibt.

Das überraschende Ergebnis: Bald drei Wochen nach dieser einsamen Entscheidung ist die Zahl der Neuinfektionen in Frankreich langsam (aber unsicher) am Sinken, zuletzt unter 200 in einer Woche (pro 100 000 Einwohner).

Auch in Frankreichs Krankenhäusern entspannt sich die Situation schrittweise, obwohl laut Gesundheitsministerium bis zu 25 Prozent der Corona-Infektionen aktuell auf die Corona-Variante auf Großbritannien zurückgehen.

Macrons berichteter Wutanfall ist nicht der erste seiner Art. Bei einer Sitzung mit Gesundheitsexperten soll er Anfang des Monats gesagt haben: „Ich habe diese Wissenschaftler satt, die auf meine Fragen nach anderen Varianten nichts antworten, außer mit einem einzigen Szenario: das des Wieder-Einsperrens.“

So hatte der Vorsitzende des wissenschaftlichen Corona-Beirats der Regierung, Jean-François Delfraissy (72), in einem TV-Interview gewarnt, dass es wegen der Verbreitung der neuen Corona-Varianten „akuten Handlungsbedarf“ gäbe.

„Wir müssen wahrscheinlich neue Ausgangssperren verhängen“, hatte der Berater gesagt. Die Virus-Variante aus Großbritannien drohe, „das Pendant einer zweiten Pandemie“ mit sich zu bringen.

Der französische Arbeitgeberverband Medef und die Handelskammern verlangten hingegen, möglichst viele Geschäfte offen zu lassen.

Eine Haltung, der sich Macron anschloss. Und das sicher zur Freude der freiheitsliebenden Franzosen, wenngleich laut einer jüngsten Umfrage 60 Prozent angeben, dem Krisenmanagement ihrer Regierung nicht zu vertrauen.

Zwar gilt weiterhin eine strenge Ausgangssperre, täglich ab 18 Uhr und eine dringende Mahnung zur Arbeit im heimischen Büro.

Doch Schulen bleiben offen, angesichts vermehrt auftretender Virus-Varianten aber unter jetzt verschärften Bedingungen: Schüler ab sechs Jahren müssen Masken tragen, Klassen werden ab einem Corona-Fall für eine Woche geschlossen.

Doch müsste die Entscheidung, die Bildungseinrichtungen offen zu halten, ankommen, schließlich brachte „l‘école à la maison“ viele Eltern vor knapp einem Jahr an ihre Grenzen, auch vor Wut …

„Die Kosten dieser Beschränkungen für die Kinder sind beträchtlich. Es gibt mehr und mehr Einweisungen in Krankenhäuser wegen psychischer Erkrankungen: Depressionen, Selbstmordversuche (…) Wir können da auch von einer Epidemie sprechen (…) Die Kinder erkranken an dem Eingesperrtsein“, erläutert Robert Cohen, Sprecher von Frankreichs Verband der Kinderärzte.

Doch der Franzosen Tempel, die Restaurants & Bistros, bleiben zu! Obwohl: Blickdichte Gardinen, einen Geheimtipp Gleichgesinnter und verschwiegene Gäste nach dem Dessert ermöglichen einiges! Nicht nur in Paris wissen Eingefleischte, wo sie notfalls außer Haus dinieren gehen können, obwohl dies strikt verboten ist.

Viele Restaurantbesitzer sind jedoch derart verzweifelt, dass sie das Risiko, erwischt zu werden, in Kauf nehmen – inklusive saftiger Geldstrafe.

„Gegen Bezahlung“ hätten Privatleute auch Kunden bei sich zu Hause empfangen, schrieb das französische Wirtschaftsblatt Challenges im August über den 1. Lockdown im Frühjahr 2020.

So langsam steigt also der Druck im Kessel, nicht zuletzt in der Küche.

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